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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 14.08.2000
Aktenzeichen: 15 W 59/00
Rechtsgebiete: FGG, BGB


Vorschriften:

FGG § 55
FGG § 62
BGB § 1829 Abs. 1 S. 2
Leitsatz:

Zulässigkeit einer (weiteren) Beschwerde gegen die Erteilung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nach der Entscheidung des BVerfG vom 18.01.2000

1. Die Vorschrift des § 62 FGG ist auch nach der Entscheidung des BVerfG vom 18.01.2000 (u.a. NJW 2000, 1709) weiterhin geltendes Recht. Die Entscheidung hat keinen Beschwerderechtszug gegen die Erteilung einer gem. § 1829 Abs. 1 S. 2 BGB wirksam gewordenen vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung eröffnet.

2. Hat das Landgericht die erste Beschwerde der Betroffenen gegen die Erteilung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung ungeachtet ihrer bereits eingetretenen Wirksamkeit sachlich zurückgewiesen, so ist ihr Anspruch auf Gewährleistung einer richterlichen Überprüfung der Entscheidung des Rechtspflegers (Art. 19 Abs. 4 GG) gewahrt. Die weitere Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts bleibt ausgeschlossen.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 59/00 OLG Hamm 3 T 288/97 LG Hagen 82 XVII N 30 AG Schwelm

In der Betreuungssache

betreffend die am 17.08.1959 geborene Frau Antje

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 14. August 2000 auf die weitere Beschwerde der Beteiligten vom 07. Februar 2000 gegen den Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 14. Mai 1997 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Gammelin und die Richter am Oberlandesgericht Budde und Christ

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Gründe:

I.

Die Betroffene war seit 1982 verheiratet mit Herrn F aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen. Die Eheleuten erwarben aufgrund notariellen Kaufvertrages vom 29.04.1983 zu je 1/2 Miteigentumsanteil die Grundstücke Gemarkung G Flur 3, Flurstück 92 (Grundbuch von G Blatt 761, bebaut mit einem 1937 errichteten Siedlungshaus) sowie das benachbarte Grundstück Flurstück 93 (Grundbuch von G Blatt 4069 A, unbebaut) zum Kaufpreis von 230.000,00 DM. Zur Finanzierung gewährte die Barmenia Lebensversicherung a.G. den Eheleuten zwei Darlehen über jeweils 110.000,00 DM, die durch eine Gesamthypothek über 110.000,00 DM an den beiden oben genannten Grundstücken sowie eine weitere Hypothek über 110.000,00 DM an dem Grundstück der Schwiegereltern der Betroffenen gesichert wurden. Die Ehe der Betroffenen wurde im Jahre 1991 geschieden. Im Jahr 1992 schlossen die Ehegatten vor dem Oberlandesgericht einen Vergleich, in dem die Betroffene u.a. die Bedienung der Zinslast aus dem Hypothekendarlehen in Höhe von (damals) 1.260,00 DM monatlich, Herr O die Zahlung der Lebensversicherungsprämien übernahm.

In den folgenden Jahren wurde bei der Betroffenen eine paranoid-halluzinatorische Psychose mit teilweise depressiver Symptomatik festgestellt. Nachdem die Betroffene Im Jahre 1995 zweimal auf der Grundlage des PsychKG in der H Klinik in H geschlossen untergebracht worden war, bestellte das Amtsgericht durch Beschluß vom 22.01.1996 Frau P aus E als Betreuerin für die Betroffene mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung einschließlich der Entscheidung über eine Unterbringung sowie Vermögenssorge. Durch weiteren Beschluß vom 13.05.1996 ordnete das Amtsgericht für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge abschließend einen Einwilligungsvorbehalt an.

In der Folgezeit mußte die Betroffene wiederholt wegen akuter Dekompensationen ihrer psychischen Erkrankung stationär unter den Bedingungen einer geschlossenen Unterbringung behandelt werden; die dafür erforderlichen vormundschaftsgerichtlichen Genehmigungen wurden erteilt. Die gesundheitliche Situation der Betroffenen hat sich in den letzten Jahren deutlich stabilisiert, nachdem sie sich im Abstand von jeweils zwei Wochen im St. Marien-Hospital in H ein Depotneuroleptikum verabreichen läßt. Das Amtsgericht hat durch Beschluß vom 14.09.1999 die bestehende Betreuung einschließlich des Einwilligungsvorbehalts verlängert und anstelle von Frau P Frau S aus Gevelsberg zur Betreuerin bestellt. Zwischenzeitlich überprüft das Amtsgericht Hagen, das die Betreuungssache nach einem Wohnsitzwechsel der Betroffenen übernommen hat, die weitere Fortdauer der Betreuung.

Im Bereich der Vermögenssorge hat die Betreuerin P dem Vormundschaftsgericht erstmals am 18.01.1996 darüber berichtet, das Einkommen der Betroffenen reiche nicht aus, um ihre laufenden Verbindlichkeiten (darunter die Zinsen für die Hypothekendarlehen) sowie ihren notwendigen Lebensunterhalt zu decken. Die bisherigen Einnahmen der Betroffenen aus Honorartätigkeiten in ihrem erlernten Beruf als Gymnastiklehrerin und Motopädin seien infolge ihrer Erkrankung weitgehend entfallen. Sie beabsichtige deshalb, das Haus der Betroffenen zu verkaufen. Die Betroffene sei damit indessen nicht einverstanden, weil sie unter allen Umständen das Haus behalten wolle: Mit weiterem Schreiben vom 16.05.1996 hat die Betreuerin beantragt, den Verkauf des Hauses der Betroffenen vormundschaftsgerichtlich zu genehmigen, um Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu vermeiden, nachdem zwischenzeitlich die Sparkasse einen Vollstreckungsbescheid wegen einer Forderung über 18.333,68 DM gegen die Betroffene erwirkt habe.

Das Amtsgericht hat daraufhin ein Gutachten des Sachverständigen G vom 20.06.1996 eingeholt, in dem der Verkehrswert der beiden genannten Grundstücke mit 290.000,00 DM ermittelt worden ist. In der Folgezeit hat die Betreuerin P dem Vormundschaftsgericht wiederholt über die sich verschlechternden finanziellen Verhältnisse der Betroffenen berichtet. U.a. wurden im Laufe des Jahres 1996 sowie Anfang 1997 im Wege der Zwangsvollstreckung mehrere Sicherungshypotheken auf dem Miteigentumsanteil der Betroffenen eingetragen. Durch notariellen Vertrag vom 16.12.1996 (UR-Nr. 567/1996 Notar verkaufte die Betreuerin P namens der Betroffenen deren 1/2 Miteigentumsanteil an den beiden genannten Grundstücken an die Eheleute G und O O, die Schwiegereltern der Betroffenen. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von 145.000,00 DM vereinbart, der in Höhe von 110.000,00 DM durch befreiende Schuldübernahme der persönlichen und dinglichen Verbindlichkeit der Betroffenen gegenüber der B Lebensversicherung a.G. sowie in Höhe von 35.000,00 DM durch Zahlung auf ein Notaranderkonto zur Ablösung der weiteren Verbindlichkeiten erbracht werden sollte. Die Rechtspflegerin des Vormundschaftsgerichts hat die Betroffene zur Frage der Genehmigung dieses Vertrages am 23.01.1997 in der Klinik in H persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Vermerk vom selben Tage Bezug genommen. Durch Beschluß vom 05.02.1997 hat die Rechtspflegerin die Erklärungen der Betreuerin P in der notariellen Urkunde vom 16.12.1996 vormundschaftsgerichtlich genehmigt. Nach Erhalt einer Ausfertigung des Beschlusses hat die Betreuerin P mit Schreiben vom 09.02.1997 diesen den Eheleuten O mitgeteilt. Dieses Schreiben nebst einer beglaubigten Abschrift des Beschlusses vom 05.02.1997 ist den Eheleuten O am 11.02.1997 förmlich zugestellt worden. Die Umschreibung des Eigentums an dem Miteigentumsanteil in den beiden Grundbüchern ist am 07.04.1997 erfolgt.

Gegen den Beschluß des Vormundschaftsgerichts vom 05.02.1997 hat die Betroffene mit einem bei dem Amtsgericht am 21.02.1997 eingegangenen Schreiben "Einspruch" eingelegt. Das Amtsgericht hat diese Eingabe zunächst als Erinnerung im Sinne des § 11 Abs. 2 RPflG a.F. behandelt, der die Rechtspflegerin und der Richter des Amtsgerichts mit Verfügungen vom 24. bzw. 25.02.1997 nicht abgeholfen haben. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 14.05.1997 das nunmehr als Beschwerde geltende Rechtsmittel zurückgewiesen. In den Gründen der Entscheidung hat die Kammer ausgeführt, die Beschwerde der Betroffenen sei zulässig, bleibe jedoch sachlich ohne Erfolg, weil das Amtsgericht auch unter Berücksichtigung der von ihr erhobenen Einwendungen die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung zu Recht erteilt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Beschluß des Landgerichts Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Betroffenen, die sie mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 07.02.2000 bei dem Oberlandesgericht eingelegt hat.

II.

Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 FGG an sich statthaft sowie formgerecht eingelegt. Gleichwohl ist das Rechtsmittel unzulässig, weil es nach den Sonderbestimmungen der §§ 55 Abs. 1, 62 FGG ausgeschlossen ist. Nach § 55 Abs. 1 FGG, der bei einer Betreuung entsprechend anzuwenden ist (§ 69 e S. 1 FGG), kann eine Verfügung, durch welche die Genehmigung zu einem Rechtsgeschäft erteilt wird, vom Vormundschaftsgericht insoweit nicht mehr geändert werden, als die Genehmigung einem Dritten gegenüber wirksam geworden ist. Ist die Genehmigung für das Vormundschaftsgericht nicht mehr abänderbar, kann auch das Beschwerdegericht sie nicht mehr ändern (§ 62 FGG). Eine gegen die Genehmigung gleichwohl eingelegte Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen (vgl. Keidel/Engelhardt, FG, 14. Aufl., § 62 Rdnr. 2 m.w.N.). Die Unabänderlichkeit der durch den angefochtenen Beschluß der Rechtspflegerin vom 05.02.1997 erteilten vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung ist hier am 11.02.1997 eingetreten. Nach den §§ 1908 i Abs. 1 S. 1, 1829 Abs. 1 S. 2 BGB wird die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung dem Geschäftsgegner gegenüber wirksam, wenn sie ihm durch den Betreuer mitgeteilt wird. Ausweislich des zu den Grundakten geführten Nachweises hat die Betreuerin P den Eheleuten O jeweils eine beglaubigte Abschrift des Beschlusses des Vormundschaftsgerichts am 11.02.1997 förmlich zustellen lassen.

Nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung der Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit haben die Verfahrensvorschriften der §§ 55, 62 FGG nur in den folgenden Ausnahmefällen außer Anwendung zu bleiben (vgl. grundlegend BayObLGZ 1989, 242 ff. = FamRZ 1989, 1113 ff.; FamRZ 1997, 1426; OLG Ce11e FamRZ 1997, 899; Keidel/Engelhardt, a.a.O., § 55, Rdnr. 14, 17).

1. Das der Erteilung der Genehmigung vorausgehende Verfahren erfüllt nicht die Mindestanforderungen, die an ein rechtsstaatliches Verfahren gestellt werden müssen. Dies kann gegeben sein, wenn das rechtliche Gehör des Betroffenen verletzt worden ist und das Genehmigungsverfahren darüber hinaus an schweren Fehlern leidet.

2. Der Betreuer macht von der erteilten vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung durch Mitteilung an den Geschäftsgegner arglistig Gebrauch, um dem Betroffenen das Beschwerderecht abzuschneiden.

Beide Voraussetzungen liegen hier ersichtlich nicht vor.

Das Vormundschaftsgericht hat über den Antrag der Betreuerin auf Genehmigung ihrer rechtsgeschäftlichen Erklärungen in dem notariellen Vertrag vom 16.12.1996 mit der gebotenen Sorgfalt im Hinblick auf die Wahrung der Interessen der Betroffenen entschieden. Es hat, um die Angemessenheit der Gegenleistung zu überprüfen, zunächst das Gutachten eines Sachverständigen zum Verkehrswert des Objekts eingeholt, dessen Ergebnis (290.000,00 DM) die Betroffene im Rahmen ihrer Anhörung nie bezweifelt hat. Auch die weitere Beschwerde, die nunmehr die Richtigkeit der Verkehrswertermittlung in Zweifel zieht, trägt. nicht vor, in welchen Punkten das erstattete Gutachten unrichtig sein soll. Die Betreuerin hat in mehreren Berichten, zuletzt am 14.01.1997, dargestellt, daß das gegenwärtige Einkommen der Betroffenen nicht ausreiche, um ihre Verbindlichkeiten zu bedienen. Das Vormundschaftsgericht hat nicht nur die schriftlichen Eingaben der Betroffenen in dem Genehmigungsverfahren berücksichtigt. Vielmehr hat, wie der darüber aufgenommene Vermerk vom 23.01.1997 ergibt, die Rechtspflegerin die Betroffene in der H Klinik in H in der sie sich damals zur Behandlung befand, ausführlich persönlich zu dem Genehmigungsantrag angehört. Den sich aus den Berichten der Betreuerin ergebenden Fakten ist die Betroffene weder damals noch heute im Rahmen der Begründung ihrer weiteren Beschwerde entgegengetreten. In dem hier vorliegenden Zusammenhang hat der Senat nicht darüber zu entscheiden, ob der Vorwurf der weiteren Beschwerde zutrifft, das Vormundschaftsgericht habe seine Amtsermittlungspflicht (§ 12 FGG) verletzt im Hinblick darauf, ob und wie lange eine zu befürchtende Zwangsversteigerung des Objekts durch Kontaktaufnahme mit den Gläubigern, einer Schuldnerberatungsstelle oder anderen Personen bei unveränderter Einkommensunterdeckung noch hätte hinausgeschoben werden können. Jedenfalls wird die Beurteilung, daß es sich hier um ein rechtsstaatlichen Anforderungen genügendes Verfahren gehandelt hat, nicht von der Frage berührt, ob eine weitergehende Amtsermittlungspflicht bestanden hat. Diese ist ohnehin auf dem Boden der sachlichen Kriterien bei der Ermessensausübung durch das Vormundschaftsgericht zu beurteilen, die jedoch im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht der Nachprüfung durch den Senat unterliegt.

Eine arglistige Herbeiführung der Wirksamkeit der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung durch die Betreuerin mit dem Ziel, der Betroffenen die Möglichkeit der Beschwerde abzuschneiden, wird von der weiteren Beschwerde nicht geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich. Die Betreuerin hat zwar unmittelbar nach Erhalt der Ausfertigung der Entscheidung des Vormundschaftsgerichts diese in der geschilderten Weise den Eheleuten O im Sinne des § 1829 Abs. 1 S. 2 BGB mitgeteilt. Allen Berichten der Betreuerin ist indessen ihre Überzeugung zu entnehmen, daß sie im Hinblick auf die Einkommensunterdeckung den Verkauf der Immobilie als im Interesse der Betroffenen dringend für geboten hielt. Wenn die Betreuerin aus dieser Überzeugung, die inhaltlich mit der sachlichen Interessenabwägung des Vormundschaftsgerichts und später des Landgerichts übereinstimmt, nach Erhalt der Genehmigung konsequent gehandelt hat, kann darin allein ein ausreichender Anhaltspunkt für ein arglistiges, die Interessen der Betroffenen gezielt verletzendes Verhalten nicht gesehen werden (BayobLG FamRZ 1997, 1426, 1427).

Die weitere Beschwerde ist auch nicht im Hinblick auf den Beschluß des ersten Senats des BVerfG vom 18.01.2000 (1 BvR 321/96, u.a. veröffentlicht in NJW 2000, 1709 ff.) als zulässig anzusehen. Dabei berücksichtigt der Senat die Bindungswirkung, die von dieser Entscheidung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG ausgeht. In diesem Zusammenhang geht der Senat von der Rechtsprechung des BVerfG aus, daß die Bindungswirkung seiner Entscheidungen sich auch auf die tragenden Entscheidungsgründe erstreckt (BVerfGE 40, 88, 93; Umbach/Clemens, BVerfGG, § 31, Rdnr. 71 ff.). Auf Einzelheiten der Reichweite dieser Bindungswirkung kommt es hier aus den nachstehenden Gründen nicht an. Das BVerfG hat in seiner genannten Entscheidung § 62 FGG nicht für nichtig erklärt (§ 95 Abs. 3 S. 2 BVerfGG). Die Vorschrift ist daher vorbehaltlich einer gesetzlichen Neuregelung weiterhin geltendes Recht. Das BVerfG hat sich vielmehr in Ziff. 1 des Beschlußtenors darauf beschränkt, diese gesetzliche Bestimmung insoweit als mit Art. 19 Abs. 4 GG für unvereinbar zu erklären, als sie den in ihren Rechten Betroffenen jede Möglichkeit verwehrt, die Entscheidung des Rechtspflegers, durch die die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung eines Rechtsgeschäfts erteilt wird, der Prüfung durch den Richter zu unterziehen. Die Gründe der Entscheidung ergeben, daß nach Auffassung des BVerfG der durch § 62 FGG im Falle der Wirksamkeit der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bewirkte faktische Rechtswegausschluß gegen die Rechtsschutzgewährleistung des Art. 19 Abs. 4 GG verstößt. Von einer Nichtigerklärung der Vorschrift hat das BVerfG abgesehen, weil dem Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten zur Beseitigung der Verfassungswidrigkeit offen stünden. Beispielhaft hat das BVerfG die Möglichkeit erwähnt, gegen die vom Rechtspfleger erteilte vormundschaftsgerichtliche Genehmigung den Beschwerderechtszug zu eröffnen. Als Alternative hat das BVerfG die Möglichkeit erörtert, daß der Rechtspfleger in Anlehnung an die im Erbscheinsverfahren anerkannte Verfahrensweise einen Vorbescheid erläßt, der dem Betroffenen eine Überprüfung der angekündigten Genehmigung "durch den Richter" vor ihrem Wirksamwerden ermöglicht. Insgesamt wird deutlich, daß das BVerfG von Verfassungswegen nur die Möglichkeit einer richterlichen Überprüfung der Entscheidung des Rechtspflegers, nicht aber einen bestimmten Beschwerderechtszug gewährleistet sehen will.

Für die hier zu treffende Entscheidung kann der Senat offenlassen, welche Konsequenzen aus der Entscheidung des BVerfG für die Behandlung von Altfällen zu ziehen sind, in denen eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung wirksam geworden ist, ohne daß dem Betroffenen durch den Erlaß eines Vorbescheides die Möglichkeit gegeben worden ist, die Entscheidung des Rechtspflegers zur Nachprüfung durch den Richter zu stellen. Das BVerfG hat dazu nicht ausdrücklich Stellung genommen. Der Umstand, daß das BVerfG die von ihm entschiedene Sache unter Aufhebung der Beschwerdeentscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts an das Amtsgericht zurückverwiesen hat, deutet allerdings darauf hin, daß das BVerfG als Konsequenz des mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu vereinbarenden faktischen Rechtswegausschlusses lediglich eine sachliche Überprüfung der Entscheidung des Rechtspflegers durch den Richter des Amtsgerichts für geboten gehalten hat, also ein Verfahren, das sachlich der Rechtspflegererinnerung gem. § 11 Abs. 2 RPflG n.F. entspricht.

Für den vorliegenden Fall ist entscheidend, daß die Betroffene nach dem tatsächlichen Verfahrensablauf in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG nicht verletzt worden ist. Es ist ihr eine richterliche Überprüfung der Entscheidung der Rechtspflegerin nicht verwehrt worden. Vielmehr hat das Landgericht die Beschwerde der Betroffenen ausdrücklich für zulässig erachtet, ist sodann in eine sachliche Beurteilung der Voraussetzungen für die Erteilung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung eingetreten und hat sich in diesem Zusammenhang mit den von der Betroffenen erhobenen Einwendungen ausführlich auseinandergesetzt. Der Betroffenen ist deshalb tatsächlich eine sachliche Überprüfung der Entscheidung der Rechtspflegerin zuteil geworden, und zwar nicht lediglich durch den Richter des Amtsgerichts, sondern durch die Beschwerdekammer des Landgerichts als Kollegialgericht. Das BVerfG hat in seiner genannten Entscheidung nur eine Verfahrensweise verfassungsrechtlich beanstandet, die den Betroffenen faktisch von jeder Rechtsschutzmöglichkeit ausschließt. Für die Feststellung, ob die Betroffene hier in ihrem Verfahrensgrundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzt worden ist, kommt es deshalb ausschließlich darauf an, wie die verfahrensrechtlichen Vorschriften ihr gegenüber tatsächlich gehandhabt worden sind. Unerheblich muß deshalb bleiben, daß das Landgericht bei korrekter Anwendung des § 62 FGG im Rahmen der bisherigen Entwicklung der dazu ergangenen Rechtsprechung bereits die erste Beschwerde der Betroffenen als unzulässig hätte verwerfen müssen. Da das BVerfG - wie bereits ausgeführt - einen bestimmten Beschwerderechtszug nicht als verfassungsrechtliche Mindestanforderung an das Verfahren vorgegeben hat, bleibt es nach durchgeführter richterlichen Überprüfung der Entscheidung der Rechtspflegerin bei der Anwendung des § 62 FGG: Das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde bleibt der Betroffenen verschlossen.

Eine Wertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde ist gem. § 131 Abs. 3 KostO nicht veranlaßt.

Ende der Entscheidung

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